Kurdische Frauen im Kampf um ihre Freiheit in Syrien: Das sind die Gesichter des Krieges
Die sowieso komplizierte Situation in Syrien spitzte sich in den vergangenen Wochen nochmals zu. Die Hauptakteure sind die Türkei, Syrien, die USA und Russland. Jedes Land verfolgt seine eigenen Interessen, ein Kompromiss galt für lange Zeit als ausgeschlossen. Mitten drin – die kurdischen Milizen in Nordsyrien, die seit einem Jahrhundert für die Autonomie ihres Volkes kämpfen. Kurdische Frauen und Männer bilden die größte ethnische Minderheit des Landes, die an der Nordgrenze Syriens mit der Türkei lebt. Sie wehren sich seit mehr als 10 Jahren gegen das Asad-Regime und waren Verbündete der USA im Kampf gegen den “Islamischen Staat”.
Nicht nur die Männer, sondern auch viele Frauen haben sich den kurdischen Volksschutzeinheiten angeschlossen und bauten eine eigene Armee auf. So konnten sie ein großes Gebiet in den nördlichen Teilen des Landes unter Kontrolle bringen und eine Selbstverwaltung einrichten. Warum kurdische Frauen und selbst Mütter immer wieder zum Gewehr greifen und wie sieht die Zukunft der Kriegerinnen aus? Das sind die Gesichter des Krieges.
Inhaltsverzeichnis
Kurdische Frauen kämpfen um ihren Traum: So begann alles vor mehr als 60 Jahren
Nach der Auflösung des osmanischen Reiches wurde der Staat Syrien gegründet, der zuerst unter französische Verwaltung gestellt wurde. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erklärte Syrien seine staatliche Unabhängigkeit. Zehn Jahre später wurde die erste kurdische Partei gegründet, die jedoch nie offiziell von der damaligen Regierung anerkannt wurde.
Heutzutage ist die genaue Anzahl der Kurden in Syrien nicht bekannt. Die US-Behörden gehen davon aus, dass der kurdische Anteil bei rund 12 % der Bevölkerung in Syrien liegt, laut Berichten der UN sind es 15 %. Vermutlich bedeutet das, dass in den nördlichen Teilen des Landes mehr als 1,8 Millionen Kurden leben. Da aber nach einer Volkszählung im Jahr 1962 mehr als 100 000 Kurden ihre Ausweise aushändigen mussten und sie nie wieder bekamen, könnten diese Zahlen deutlich größer sein. In den 60ern wurden auch die kurdischen Bauern und Großstadtbewohner enteignet. Sie durften keine Häuser oder Wohnungen haben, ihre Kinder mit kurdischen Namen nennen und kurdische Schulen oder Verbände gründen. Die Kurden wehrten sich aber dagegen und protestierten heftig gegen die Regierung. Im Jahr 2011 kam es dann zu einem Bürgerkrieg. Im Jahr 2014 konnten die Kurden eine Autonomie ausrufen und mit der Unterstützung der USA ein breites Gebiet fast bis zu der Grenze mit der Türkei im Norden erobern. Während des Bürgerkriegs konnten die Kurden den Islamischen Staat für lange Zeit in Schach halten und haben in ihren Gefängnissen bis zu 10 000 IS-Kämpfer und Angehörige ihrer Familien inhaftiert.
Nachdem aber die USA vorigen Monat ihre Truppen in den Irak schickte, müssen die Kurden nun ohne Unterstützung und Partner gegen den IS kämpfen bzw. mit ihm verhandeln. Aber es kommt Schlimmeres auf die kurdische Bevölkerung zu, denn Erdogan möchte eine “Safe Zone” zwischen der Türkei und Syrien gründen, wo sich syrische Flüchtlinge ansiedeln sollen. Das erschwert die Situation, denn jetzt müssen die Kurden quasi an zwei Fronten verhandeln.
Kurdische Frauen: Die Frauenverteidigungseinheiten
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1. Die Gründung der ersten Frauenverteidigungseinheiten
Die ersten kurdischen Frauenverteidigungseinheiten wurden im Jahr 2013 gegründet. Sie sollten die Männer vor allem beim Kampf gegen den IS unterstützen. Viele von ihnen kämpfen inzwischen seit vielen Jahren gegen den IS und wehren viele Angriffe erfolgreich ab. Die Mädchen und Frauen sind im Alter zwischen 16 und 50 Jahren. Einige von ihnen haben sich der Verteidigungseinheiten bereits als Teenager angeschlossen, andere haben Kinder und Familien. Die Teilnahme ist komplett freiwillig, die Frauen sehen es aber als ihre Pflicht, für ihre Heimat und für ihre Rechte zu kämpfen. Denn für sie geht es nicht nur um ihre Identität. Manche befürchten, dass sie auch ihre Freiheiten als Frauen abgeben müssen, wenn sie Bürger des IS werden.
2. Gleichberechtigung von Männern und Frauen
Wie die Kurden es selbst erklären, gibt es in ihrem Leben keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Sie sind alle gleichberechtigt und haben in Friedenszeiten die gleichen Möglichkeiten zur Ausbildung und zur hochqualifizierten Arbeit. Auch im Krieg sind Männer und Frauen gleich, und stehen sich zur Seite. Jenseits des Schlachtfelds, wo sie zusammenkämpfen, leben Frauen und Männer aber getrennt. Die Frauen tragen die gleiche Uniform wie die Männer und sind ein wichtiger Teil der Verteidigungseinheiten.
3. Organisation der Verteidigungseinheiten
Die Mitglieder der Verteidigungseinheiten werden nicht bezahlt und müssen sich für Essen und Unterkunft auf die Zivilbevölkerung verlassen. Die Bauern unterstützen sie und versorgen die kurdische Armee mit Provisionen. Sie werden als Verteidiger geehrt, denn gerade die Frauen versuchen immer, die Zivilbevölkerung vor Angriffen zu schützen. Mit der Zeit knüpfen die Mädchen eine Beziehung untereinander, da sie meistens in einem Haus untergebracht werden und das Gute und das Schlechte teilen. Sie freuen sich über jeden Erfolg und trauern gemeinsam um verstorbene Freundinnen.
4. Aufgaben der Verteidigungseinheiten
Die Verteidigungseinheiten übernehmen unterschiedliche Aufgaben. Sehr oft bringen die Frauen Flüchtlinge aus den Militärzonen in Sicherheit. Sie setzen sich auch für die Rechte anderer Minderheiten ein. Zum Beispiel für die Jeziden, die im Irak und in Syrien verfolgt werden. Laut Angaben sind mehr als 5000 Jeziden während des Bürgerkriegs in Syrien ums Leben gekommen. Die Verteidigungseinheiten schützen auch Lager, in denen kurdische Flüchtlinge untergebracht werden. Allein in einem der größten Lager an der Grenze zum Irak leben mehr als 10.000 Kurden. Viele Frauen haben dort Familienmitglieder, Eltern oder sogar Kinder. Diese Lager werden oft vom IS angegriffen.
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5. Training
Frauen und Männer trainieren gemeinsam, wobei viele kurdische Frauen auch zusätzlich lernen, medizinische Hilfe für die Kriegsopfer zu leisten. Das Training ist kurz – knapp 6 Monate Theorie und ein Monat Praxis, bevor sie auf das Schlachtfeld geschickt werden, um das Leben der Verletzten zu retten. Viele der Frauen haben bereits 2-3 Jahre Erfahrung hinter sich und die meisten von ihnen haben mindestens die Hälfte dieser Zeit auf dem Schlachtfeld verbracht. Ein großer Teil der Soldatinnen und der medizinischen Fachkräfte überlebt ihr erstes Jahr in der Armee jedoch nicht.
6. Das Leben in Kriegszeiten
Das Leben in Kriegszeiten ist für alle Seiten schwer. Normalität in dieser Verrücktheit scheint kaum möglich zu sein. Die Frauen stehen ständig unter Stress. Deswegen sehen die meisten viel älter aus, als sie sind. Diejenigen, die eine Familie haben, müssen auch ihre Kinder bei den Großeltern lassen. Die Soldatinnen erklären, dass sie sich opfern, damit ihre Familien eine Chance auf eine bessere Zukunft haben und in Frieden leben können.
Kurdische Frauen möchten eine bessere Zukunft für Ihre Kinder: So sieht die Situation heute aus
Die Veränderung der politischen Situation in den letzten Wochen hat schwere Folgen für die kurdische Armee. Wir verleihen Ihnen einen Überblick, so dass Sie verstehen können, welche Hauptakteure welche Interessen verfolgen und welchen direkten Einfluss sie auf die Zukunft der kurdischen Frauen haben könnten.
Die YPG sind die kurdischen Verteidigungseinheiten, zu denen auch die Frauenverteidungseinheiten gehören. Sie haben es geschafft, vor drei Jahren eine eigene Verwaltung mit Krankenhäusern, Schulen und Regierung einzurichten. Außerdem haben Sie mehrere Lager gegründet, in denen sie IS-Kämpfer inhaftiert haben.
Die Türkei: Erdogan steht in seinem eigenen Land unter Druck. Denn seit Beginn der Krise in Syrien musste er viele Flüchtlinge unterbringen. Die Anzahl ist so groß, dass die Türkei es nicht schafft, alle Menschen unterzubringen und zu verpflegen. Einen Ausweg sieht der türkische Präsident in der Errichtung einer “Sicherheitszone”, in der sich die Flüchtlinge ansiedeln können.
Syrisches Regime: Die Beziehungen zwischen dem syrischen Regime und der YPG sind sehr kompliziert. Zwar verhandeln beide Seiten oft miteinander und kooperieren auch ab und zu, je nach Interressenlage bekämpften sie sich aber auch mehrmals in den vergangenen Jahren.
Russland setzt sich für die Bewahrung der Einheit des syrischen Staats ein und verhandelt oft zwischen den einzelnen Akteuren, also der Türkei, der YPG und dem syrischen Regime.
Die USA waren lange Zeit ein Verbündeter, doch vor einigen Wochen zog Trump sein Militär aus dem Grenzgebiet mit der Türkei zurück und ermöglichte so den Einmarsch der türkischen Soldaten in die nördlichen Teile Syriens. Vor mehreren Tagen konnte der amerikanische Präsident eine 5-tägige Waffenruhe vermitteln. Die Türkei hat zwar der Waffenruhe zugestimmt, aber nur unter der Bedingung, dass sich die Kurden von der sogenannten “Safe Zone” zurückziehen. Wie die Zukunft jedoch aussieht, lässt sich momentan nicht vorhersagen, denn gerade in dieser Sicherheitszone befinden sich viele kurdische Städte und Straßenwege.
Die Zukunft für die kurdischen Frauen und Männer bleibt also ungewiss.