Literatur lauschen: Warum Hörbücher immer beliebter werden

Zwischen 2017 und 2024 hat sich die Nutzung von Hörbüchern mehr als verdoppelt. Wir geben einen Überblick über den Trend – und was zwei Professoren dazu sagen.

von Ramona Berger
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Wer früher entspannt in einem Buch geschmökert hat, lauscht heute gern einem Hörbuch. Ein Klick auf den „Play-Button“ genügt und schon bekommt man die Geschichte seiner Wahl atmosphärisch vorgelesen. Nebenbei bleibt Zeit, um einen Spaziergang zu unternehmen oder den Haushalt zu schmeißen.

Warum Hören dem Lesen Konkurrenz macht

36 Prozent der Deutschen greifen mindestens einmal in der Woche zu einem Buch, 55 Prozent zumindest einmal im Monat. Das ergab bereits 2023 der Freizeit-Monitor der Stiftung Zukunftsfragen.

Warum Lesen als Freizeitbeschäftigung so beliebt ist? Die Gründe sind vielfältig. Meist ist es das Eintauchen in neue Welten, das Leser besonders in den Bann zieht.

Dabei braucht es nicht zwingend ein Buch, um Literatur zu genießen. Auch Hörbücher stimulieren die Fantasie. Im Vergleich zum klassischen Buch sind sie dabei sogar „barrierefreier“. Jene, die (noch) nicht lesen können, hören sich die Geschichte einfach an.

Wer Hörbücher kostenlos anhören möchte, hofft auf einen talentierten Sprecher, der mit seiner Stimme Emotionen transportieren kann. Denn eine gekonnte Betonung sowie gezielte Sprechpausen intensivieren die Wirkung des Geschriebenen. Dadurch kann es sich eindringlicher anfühlen, einem Buch zu lauschen, statt es selbst zu lesen.

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Wer hört, hat die Hände frei

Lesen fühlt sich für so manchen anstrengend an. Fällt es schwer, Buchstaben und Worte sinnbringend zusammenzuziehen, ist die Motivation daher gering, die Nase in ein Buch zu stecken.

Doch auch passionierte Leser kennen das Gefühl der Erschöpfung nach einer „durchlesenen“ Nacht. Dieses resultiert nicht nur aus der fehlenden Nachtruhe. Vielmehr ist das Lesen ein aktiver Prozess, der Augen und Gehirn gleichermaßen fordert.

Hörbücher entlasten hier: Das Gehirn verarbeitet Informationen auditiv zwar immer noch aktiv, aber auf andere Weise. Und vor allem: Man kann nebenbei noch etwas erledigen. Beim Wäschebügeln, Kochen oder Aufräumen lässt sich das Hörerlebnis unkompliziert in den Alltag integrieren.

wer hört, hat die hände frei

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Der Düsseldorfer Psychologe Prof. Axel Buchner erklärt im Gespräch mit dem WDR (März 2025), warum das funktioniert: „Wenn wir etwas hören und gleichzeitig visuelle Tätigkeiten ausführen, etwa ein Hörbuch beim Bügeln hören, verarbeitet das Gehirn beides relativ problemlos – weil verschiedene Sinneskanäle angesprochen werden.“ Erst wenn zwei akustische Reize auf einmal konkurrieren, wie etwa eine intensive Geschichte und ein parallel geführtes Gespräch, komme das Gehirn an seine Grenzen. „Dann wird die Verarbeitung schwierig“, so Buchner, „weil beide Reize um denselben kognitiven Kanal konkurrieren.“

Wer einem Hörbuch lauscht, kann zudem nebenbei noch andere Dinge erledigen:

  • die Wohnung putzen
  • die Wäsche bügeln und zusammenlegen
  • das Mittagessen vorbereiten
  • im Garten arbeiten

Damit wird der Hörbuchgenuss zu einer Nebenbeschäftigung, die sich leichter als das aktive Lesen in den Alltag integrieren lässt.

Multitasking mit Einschränkungen

Doch es gibt Grenzen. Je komplexer eine Tätigkeit wird, desto eher kommt der sogenannte „kognitive Flaschenhals“ ins Spiel. Auch wenn Sehen und Hören unterschiedliche Areale beanspruchen, kann zu viel gleichzeitige Reizverarbeitung zu Stress führen – etwa beim Autofahren.

Hört man gemütlich ein Hörbuch bei ruhiger Fahrt, sei das kein Problem, sagt Buchner. Gefährlich werde es, wenn plötzlich viele Reize gleichzeitig auftreten – wie ein Ball, der auf die Straße rollt, oder ein spontanes Bremsmanöver. In solchen Momenten könne das Gehirn überfordert sein, weil es nicht mehr filtern und priorisieren kann.

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Was bleibt wirklich hängen?

Auch Daniela Schlütz, Professorin für Digitale Medienkultur, befasst sich mit der Wirkung von Audioinhalten. In einem Online-Experiment ließ sie Testpersonen ein Hörbuch hören, während sie gleichzeitig ein Computerspiel mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad spielen mussten. Das Ergebnis: Je herausfordernder das Spiel, desto weniger konnten sich die Probanden an die Inhalte des Hörbuchs erinnern. Ihre Erkenntnis: „Unser kognitives System ist nur begrenzt aufnahmefähig – besonders, wenn es gleichzeitig gefordert wird.“

Hörbücher sind eine beliebte Einschlafhilfe

Nicht nur im aktiven Alltag haben sich Hörbücher einen Platz erobert. Sie begleiten viele Deutsche sogar mit ins Bett. Schließlich fühlt es sich besonders behaglich an, sich unter die warme Decke zu kuscheln und einer vorgelesenen Geschichte zu lauschen.

hörbücher sind eine beliebte einschlafhilfe

Jeder Dritte greift abends zu Geschichten, die ihn sanft in den Schlaf begleiten. Schlütz betont allerdings: „Das funktioniert am besten mit vertrauten Inhalten. Wenn mich die Geschichte zu sehr fesselt, bleibe ich wach.“

Dabei kommen oft wohlige Kindheitserinnerungen auf. Dieser Effekt verstärkt sich, wenn es sich um Geschichten aus der eigenen Kindheit handelt, etwa „Harry Potter“, „Bibi und Tina“ oder „Die drei ???“.

Der Hörbuchmarkt boomt in Deutschland

Ein Blick auf die Statistik zeigt: Die Nutzung von Audioformaten wie Hörbüchern und Podcasts hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Laut Statista hörten 2024 bereits 46 Prozent der Befragten regelmäßig solche Formate – ein spürbarer Anstieg gegenüber 36 Prozent im Jahr 2022 und nur 18 Prozent im Jahr 2017. Besonders die jüngere Generation treibt diesen Trend voran: In der Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen nutzten 2024 rund 38 Prozent regelmäßig Hörbücher oder Hörspiele online.

3,4 Millionen Deutsche kauften im Jahr 2023 digitale Hörbücher. Rund die Hälfte lädt sich die Literatur zum Lauschen aufs Smartphone oder Tablet. 41 Prozent streamen lieber. Ein Hörbuch auf CD zu kaufen, ist dagegen weniger beliebt. Kein Wunder, denn die Zahl an CD-Playern nimmt in deutschen Haushalten ab.

Die meisten Bücher, die in Deutschland gehört werden, stammen aus der Kategorie Belletristik. Gemeint sind unterhaltsame Geschichten, etwa Thriller, Fantasy- oder Liebesromane.

Gleich dahinter kommen die Kinder- und Jugendbücher. Auch diese Entwicklung verwundert nicht, denn besonders Kinder und Jugendliche finden zunehmend am Hörbuch Gefallen – sei es als täglicher Begleiter beim Einschlafen oder als wöchentliche Belohnung nach den Hausaufgaben. Das Zuhören wird so zum kleinen Ritual, das Freude macht und gleichzeitig die Fantasie fördert.

Ein Grund: Sie sind immer verfügbar. Wer in der Bahn lesen möchte, darf Buch oder E-Book-Reader nicht vergessen. Das Hörbuch kann stattdessen auf dem Smartphone abgespielt werden – und das ist sowieso mit dabei.

Ob beim Autofahren, Putzen oder Einschlafen – Hörbücher bieten einen flexiblen Zugang zu Literatur. Sie begleiten uns durch den Alltag und schaffen es, trotz begrenzter Aufmerksamkeitsspanne Momente voller Fantasie zu erzeugen. Entscheidend ist, wie und wann wir sie hören – und ob wir unser Gehirn damit fordern oder überfordern.

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Ramona aus Frankfurt ist Mutter der zweijährigen Kaia. Ihre Leidenschaften sind Zumba, Natur und Gärtnern, was sie in ihrem Hinterhofparadies auslebt. Sie sucht ständig nach Mama-Hacks und Kochtipps, um den Alltag effizienter zu gestalten. Kreative Ideen für Kinderentwicklung und aktuelle Trends in Mode und Ernährung begeistern sie ebenfalls. Seit 2013 schreibt Ramona für Deavita, stets gründlich recherchiert und oft durch Experteninterviews gestützt. Sie hat Psychologie in Freiburg studiert.