Im weiteren Kampf gegen COVID-19 werden fast täglich neue wie auch bekannte Arzneimittel als potenzielle Behandlungsmethoden gegen die Corona-Pandemie geprüft. Forscher in New York wollen herausfinden, ob der Wirkstoff eines rezeptfreien Medikaments gegen Sodbrennen eine positive Auswirkung auf die Krankheit hat.
Sodbrennen-Medikament als mögliche Covid-19-Behandlung?
Forscher des Feinstein Institutes für medizinische Forschung, einer Abteilung von Northwell Health in New York City, die 23 verschiedene Krankenhäuser im Bundesstaat betreibt, untersuchen Famotidin, den Wirkstoff im Arzneimittel Pepcid, als mögliche Behandlung von Coronavirus. Das Medikament wird in einer kleinen klinischen Studie im Krankenhaus zusammen mit anderen Studien bekannterer potenzieller Behandlungsmöglichkeiten für COVID-19 untersucht, darunter Remedesivir von Gilead Sciences und das Malariamedikament Hydroxychloroquin. Am Wochenende teilte das Krankenhaus mit, dass 187 COVID-19-Patienten intravenöse Dosen von Famotidin erhalten haben, berichtete das Fachblatt Science.
Laut CNN nehmen alle Patienten in der Northwell-Studie Hydroxychloroquin ein. Die Hälfte der Patienten in der Studie erhält zusätzlich dazu auch Famotidin. Der anderen Hälfte wird ein Placebo zugeführt. Angesichts der jüngsten Richtlinien der US-amerikanischen Food and Drug Administration in Bezug auf die Nebenwirkungen von Hydroxychloroquin wird das Krankenhaus möglicherweise dieses Medikament nicht mehr in der Studie einsetzen, sagte CNN. Letzten Freitag gaben Forscher bekannt, dass sie eine Studie zum Testen des Malariamedikaments Chloroquin als potenzielle Behandlung für Covid-19 abgebrochen haben, nachdem einige Patienten schwerwiegende bzw. lebensbedrohliche Herzrhytmusstörungen entwickelt hatten und fast zwei Dutzend nach täglicher Einnahme starben.
Man geht davon aus, dass Famotidin sich an ein für COVID-19 Schlüsselenzym bindet. Das US-Krankenhaus begann mit der Untersuchung des potenziellen Nutzens gegen die Pandemie nach Berichten aus China und den Ergebnissen der molekularen Modellierung, sagte Science. Dr. Michael Callahan, ein Spezialist für Infektionskrankheiten am Massachusetts General Hospital, war in China gewesen, als das COVID-19 erstmals ausbrach, und stellte der chinesischen Regierung sein Fachwissen zur Verfügung.
Nach einem Vergleich zwischen Patienten, die an COVID-19 starben, und denen, die überlebten, stellte das Forschungsteam in Wuhan, China, fest, dass viele der Überlebenden Medikamente gegen chronisches Sodbrennen eingenommen hatten. Die Patienten hatten das Arzneimittel Pepcid eingenommen, dessen Wirkstoff Famotidin ist. Teurere Magensäureblocker wie Prilosec (mit Wirkstoff Omeprazol) verwenden kein Famotidin, stellte die Wissenschaft fest. Die COVID-19-Patienten, die Prilosec eingenommen hatten, die zudem tendenziell wohlhabender waren, hatten dem Bericht zufolge nicht die gleiche Überlebensrate. In China schienen hospitalisierte COVID-19-Patienten, die Famotidin eingenommen hatten, mit einer Rate von etwa 14 % zu sterben, verglichen mit 27 % für diejenigen, die das Medikament nicht einnahmen, berichtete Science. Das Magazin fügte hinzu, dass die Analyse grob und die Ergebnisse statistisch nicht signifikant seien.
Experten warnen vor voreiligen Schlüssen
Auch wenn die Studienergebnisse nicht statistisch signifikant gewesen sein mögen, waren sie doch eine solide Grundlage, um mit der Erforschung der Idee zu beginnen. Northwell erhielt von der FDA die Genehmigung zur Durchführung einer Studie mit der intravenösen Version des Wirkstoffs Famotidin. Die intravenöse Dosen sind viel höher als die Dosisstärken in der rezeptfreien Version des Sodbrennen-Mittels, das oral eingenommen wird. Ob es funktioniert, werden die Forscher es in wenigen Wochen wissen.
Es dauerte lange Zeit, bis das Forschungsteam genügend der intravenösen Dosen zu seiner Famotidin-Studie gesichert hatte. Das Krankenhaus wollte sein Ziel nicht zu früh verkünden und Engpässe beim Medikament verursachen, wie es beim Hype um das Potenzial von Hydroxychloroquin der Fall war. Dr. Kevin Tracey, Präsident des Feinstein-Instituts für medizinische Forschung, warnte davor, dass Einzelpersonen US-Geschäfte stürmen, um große Mengen Pepcid zu kaufen. Er ist auch besorgt, dass Menschen, die kein Sodbrennen haben, Famotidintabletten kaufen, fälschlicherweise davon überzeugt, dass es gegen Coronavirus helfen wird. Es ist noch unklar, ob es funktioniert, und falls es zu Panikkäufen kommt, wird sein Forschungsteam möglicherweise nicht genug für ihre Studienteilnehmer haben.