Bei Minimalismus geht es nicht um leere Wohnungen, sondern um intelligentes Verhalten

von Ramona Berger

Nachhaltigkeit ist in aller Munde und Minimalismus ein wichtiger Schritt dorthin. Doch in ihrem Optimierungswahn scheinen viele den Sinn dahinter nicht verstanden zu haben. Denn letztlich geht es nicht darum, auf eine möglichst leere Wohnung stolz zu sein, sondern den vorhandenen Besitz möglichst effizient zu nutzen und intelligent zu konsumieren.

Konsum auf Pump – um Mitmenschen zu beeindrucken, die wir nicht einmal mögen

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„Immer wieder gibt der Mensch Geld aus, das er nicht hat, für Dinge, die er nicht braucht, um damit Leuten zu imponieren, die er nicht mag“, sagte der US-Komiker Danny Kaye einmal und brachte das menschliche Konsumproblem damit ziemlich genau auf den Punkt. Wir fragen uns viel zu selten, wie ob wir tatsächlich brauchen, was wir wieder einmal voreilig in den Warenkorb gelegt oder geklickt haben. Ob es uns einen Mehrwert bietet und ob es uns über den Kaufprozess hinaus glücklich macht.

Die Motivation hinter einem Kauf steht viel zu häufig mit gesellschaftlichen Zwängen in Zusammenhang. Wir wollen auch auf dem coolen MacBook herumtippen, statt im Café das billige Medion-Laptop aufzuklappen und uns dafür schief angucken lassen zu müssen. Wir wollen mit den neuesten Sneakers beeindrucken und lassen uns von der Werbung Bedürfnisse vorgaukeln, die keinen wirklichen Bestand haben, wenn wir tiefer in uns hineinhorchen.

Konsum auf Pump – Um Mitmenschen zu beeindrucken, die wir nicht einmal mögen

Mitunter sind Drang und Zwang nach Konsum so stark, dass wir sogar zur Bank gehen, um ein Darlehen aufzunehmen. Die Verschuldung führt dazu, dass wir uns Jahre oder Jahrzehnte im Hamsterrad abrackern müssen, damit wir all das bezahlen können, was wir oder unsere Mitmenschen meinen haben zu müssen, um ein erstrebenswertes Leben zu führen.

Dabei ist es doch so einfach: Jeder muss im Prinzip nur so viel arbeiten, wie er braucht, um den Lebensstandard zu erwirtschaften, den er für sich persönlich für erstrebenswert hält. Auch das ist einer von vielen Aspekten. Minimalismus beschränkt sich nicht auf den Konsum, sondern betrifft alle Bereiche des Lebens.

Minimalismus beschränkt sich nicht auf den Konsum, sondern betrifft alle Bereiche des Lebens

Nutzen statt wegwerfen, retten statt kaufen

Blogs, Podcasts und YouTube-Videos erwecken hingegen allzu oft den Eindruck, dass es beim Minimalismus darum geht, möglichst wenige Dinge zu besitzen. Und so verbringen Neuminimalisten häufig Stunden, Tage und Monate damit, Schubläden, Schränke und Kisten auszusortieren. Das scheinbar Überflüssige wird in riesige Säcke gestopft, die fotografiert und voller Stolz auf dem eigenen Social-Media-Profil gepostet werden, bevor sie auf dem Scheiterhaufen des Konsums landen – der Müllhalde.

Meine Oma, die wahre Minimalistin, würde beim Anblick dieser Bilder die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Denn statt Nachhaltigkeit zu praktizieren, wurden Ressourcen vernichtet. Beim Minimalismus geht es nicht darum, möglichst karg zu hausen, sondern möglichst intelligent zu konsumieren. Und dazu gehört in erster Linie ausgiebig zu nutzen, was man hat, statt es voreilig zu entsorgen.

Minimalismus beim Konsumverhalten Nutzen statt wegwerfen, retten statt kaufen

Für das, was wir bereits besitzen, haben wir in der Regel nicht nur bezahlt, sondern es musste auch unter Aufwendung wertvoller Ressourcen produziert werden. Wirkungsvoller als die 20 Plastiktüten, die man besitzt, nun in den Müll zu schmeißen und sich dafür einen unter hohem Ressourcenaufwand produzierten Hipster-Turnbeutel zu kaufen, wäre es, die Tüten konsequent aufzubrauchen, bis sich darin nichts mehr transportieren lässt. Genau das tat meine Oma, die Zeit ihres Lebens Schmierpapier verwendete, statt sich teure Notizblöcke zu kaufen. Der absolute Trend derzeit sind deswegen auch selbst gemachte Wachstücher, die Folie und Plastikverpackung sparen.

minimalistische weiße Küche mit Kücheninsel und schwarzem Kühlschrank

Wertschätzung des Vorhandenen

Möglicherweise ist meine Oma ein Extrembeispiel – so wie die Influencer, die einem bei Facebook und Instagram begegnen. Natürlich darf man sich von Dingen trennen, die man noch nie genutzt hat und auch in Zukunft nicht nutzen will. Nur dann sollten sie nicht auf dem Müllberg landen, sondern in die Hände von jemandem, der ihren Wert kennt und schätzt und sie so lange benutzt, bis sie sich ihre letzte Ruhe auf dem Konsumfriedhof wirklich verdient haben.

Wahre Minimalisten reduzieren ihre Besitztümer durch das Aufbrauchen und Verschleißen, statt durch das Wegwerfen. Genau deshalb erkennt man wahre Minimalisten auch nicht an der leeren Wohnung, sondern an ihrem Konsum- und Nutzungsverhalten.

Was ist Minimalismus? Nicht leere Wohnungen sondern intelligentes Verhalten

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