So klein und doch ein Staat: Eine Reise zu den 6 Zwergstaaten Europas

von Ramona Berger

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Sie verfügen weder über eine besonders große Fläche, noch über sonderlich viele Einwohner – aber über internationales Renommee: Die Zwergstaaten Europas sind weit über ihre engen Grenzen hinaus bekannt, selbst wenn sie nicht der Sitz des Oberhaupts der katholischen Kirche sind. So klein diese europäischen Mini-Länder auch sein mögen, sie müssen sich dennoch nicht hinter den großen Nationen verstecken.

Es kommt nicht auf die Größe der Zwergstaaten Europas an

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Bei der Definition des Kleinstaatbegriffes kommt es zunächst allerdings sehr wohl auf die flächenmäßige Größe eines Staates an. Eine genaue Eingrenzung gibt es dabei jedoch nicht, genauso wenig wie eine einheitliche Definition von Mikro-, Miniatur-, Diminutiv- oder Zwergstaaten. Der Versuch des Politlexikons der Bundeszentrale für politische Bildung kann daher bestenfalls als eine Annäherung verstanden werden:

„Kleinstaat bezeichnet einen unabhängigen Staat, dem beispielsweise aufgrund geringer geografischer Ausmaße oder geringer Bevölkerung im internationalen Vergleich nur wenig wirtschaftliche und politische Bedeutung zukommt.“

Eine solche Begriffsbestimmung birgt immer die Gefahr der Diskriminierung, vor allem weil die Größe des Staates auf der Ebene des internationalen Völkerrechts keine Rolle spielt: Das Prinzip der Staatengleichheit sorgt dafür, dass allen Mitgliedern der Charta der Vereinten Nationen die gleichen Rechte zukommen. Das gilt für die kleinen Inselstaaten im Pazifischen Ozean, zu denen mit Nauru die kleinste Republik der Welt gehört, ebenso wie für die Zwergstaaten Europas. Und selbst wenn der Aspekt der eingeschränkten wirtschaftlichen und politischen Bedeutung wirklich zuträfe, so ist damit noch lange nichts über die Ausstrahlung dieser Staaten ausgesagt – die reicht sicherlich in vielen Fällen sehr viel weiter als die engen Staatsgrenzen.

In Europa gibt es insgesamt sechs Staaten, die zumindest wegen ihrer Fläche und Einwohnerzahl die Kriterien eines Kleinstaates erfüllen. Sie lassen sich aufgrund ihrer politischen Struktur in zwei Gruppen unterteilen: Die Fürstentümer auf der einen, die Republiken auf der anderen Seite. Das ist eine relativ grobe Verallgemeinerung, denn insbesondere im Kreis der Fürstentümer gibt es hinsichtlich der Herrschaftsstrukturen deutliche Unterschiede.

1. Der Staat Vatikanstadt

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Der flächenmäßig kleinste Staat der Welt ist zugleich das prominenteste Beispiel dafür, wie die Größe eines Staats und seine internationale Bedeutung auseinanderklaffen können. Der Vatikan erstreckt sich auf lediglich 44 Hektar und beheimatet etwas mehr als 800 Einwohner, von denen jedoch nicht alle die vatikanische Staatsbürgerschaft tragen (die nur auf Zeit und im Rahmen einer ausgeübten Funktion verliehen wird). Die beiden Amtssprachen sind Italienisch und Latein, wobei ersteres bevorzugt wird. Die Staatsform ist eine absolute Wahlmonarchie, der Monarch ist bekanntermaßen der Papst.

Da dieser als Bischof von Rom auch dem Heiligen Stuhl und somit der römisch-katholischen Kirche vorsteht, wird der Begriff Vatikan zumeist für synonym verwendet. Tatsächlich gilt es aber zu unterscheiden: Denn obwohl der Vatikanstaat ein souveräner Staat ist, kann er nicht mit dem Apostolischen Stuhl gleichgesetzt werden. Dieser ist ein zwar ebenfalls souveränes, aber nichtstaatliches Völkerrechtssubjekt ohne eigenes Staatsgebiet.

Dennoch, das macht die Schwierigkeit der Unterscheidung aus, repräsentiert der Heilige Stuhl den Vatikanstaat auf internationaler Ebene. Dazu gehören beispielsweise diplomatische Beziehungen zu 178 Staaten und die Rolle des ständigen Beobachters bei den Vereinten Nationen.

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„Auf diesem Stein…“: Zur Geschichte des Staates der Vatikanstadt

Wenngleich die Vorgeschichte des Vatikans bis in die Antike zurückgeht, so erhielt er seine souveräne staatliche Anerkennung in der heutigen Form erst durch die Unterzeichnung der Lateranverträge am 11. Februar 1929. Die architektonische wie institutionelle Abgrenzung zum Rest von Rom ergab sich ebenfalls erst vergleichsweise spät – die Ansiedlung der kirchlichen Verwaltungsorgane an einer zentralen Stelle wurde erst seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vollzogen, als der Kirchenstaat noch ein sehr viel größeres Territorium umfasste.

Der heutige Vatikan war zudem bis ins 14. Jahrhundert nicht einmal der Amtssitz des Papstes, ebenso wenig wie der schon von Konstantin dem Großen beauftragte Petersdom seine Bischofskirche war. Nichtsdestotrotz liegt der Primatsanspruch der Bischöfe von Rom in genau dieser Petrusverehrung begründet. Genauer geht er auf die Annahme zurück, Petrus sei als erstem Bischof von Rom – dessen Grab sich auf dem mons vaticanus befindet – durch Christus ein besonderer Vorrang bei der Leitung der Christen verliehen worden. Die weltliche Herrschaft über das Gebiet des damaligen Kirchenstaates wiederum beruhte auf der (gefälschten) Konstantinischen Schenkung.

Die kulturellen Aushängeschilder: Kunst, Architektur und Schweizergarde

Im Grunde genommen ist der gesamte Vatikanstaat ein Kulturgut: 1984 wurde das Territorium vollständig in das UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen. Damit kommt den großen Sehenswürdigkeiten wie Sankt Peter im Vatikan oder den Vatikanischen Museen die verdiente Wertschätzung zu.

Verdient unter anderem deshalb, weil an der architektonischen und künstlerischen Ausgestaltung nur die Koryphäen ihrer Zeit beteiligt waren, von denen hier nur stellvertretend Gian Lorenzo Bernini und Michelangelo genannt seien. Ersterer gestaltete als Baumeister nicht nur das Erscheinungsbild des Petersplatzes, sondern auch die markanten Säulen der Cathedra Petri. Michelangelo wiederum hat seinen Namen nicht nur durch seine Skulpturen, sondern durch die Ausmalung der Sixtinischen Kapelle untrennbar mit dem Vatikan verbunden.

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Michelangelos Meisterwerk im Vatikan: Die Fresken der Sixtinischen Kapelle.

Das gilt auch für die berühmte Leib- und Palastwache des Papstes: Die Schweizergarden stehen dem Oberhaupt der katholischen Kirche schon seit 1506 zur Verfügung und versehen nach wie vor ihre Dienste – Kontrollen, Ordnungs- und Wachdienst, Personenschutz – im Vatikan. Wegen dieser langen Tradition, aber nicht zuletzt auch wegen ihrer auffällig bunten Galauniformen müssen die Schweizergardisten ebenfalls zu den vatikanischen Sehenswürdigkeiten gezählt werden.

2. Das Fürstentum Monaco

Evening view of Montecarlo, Monaco, Cote d'Azur, Europe

Hafen und Skyline von Monte Carlo in Monaco

Das Fürstentum von Monaco ist mit einer Fläche von 200 Hektar nicht nur im europäischen, sondern auch im internationalen Vergleich die Nummer Zwei der Zwergstaaten Europas. Die konstitutionelle Erbmonarchie unter dem derzeitigen Fürsten Albert II. ist Heimat von rund 38.000 Einwohnern, von denen ein Großteil jedoch nicht die monegassische Staatsbürgerschaft trägt.
Hauptstadt des französischsprachigen Landes ist das namengebende Monaco-Ville, wenngleich eine Unterscheidung im Grunde hinfällig ist – seit der Eingemeindung von 1917 existieren keine anderen Städte mehr, nur noch Stadtbezirke.

„Mit Gottes Hilfe“: Die Grimaldis und ihre Mittelmeerfestung

Monacos Geschichte ist ungleich kürzer als die des Vatikans: Sie beginnt im Jahre 1215 mit der Errichtung einer genuesischen Grenzfestung. Noch vor dem Ende des 13. Jahrhunderts fiel diese an die aus Genua vertriebene Familie Grimaldi, die Monaco zwischen 1297 und 1419 gleich mehrmals vom Königreich Genua zurückerobern mussten.

70 Jahre später wurde die Unabhängigkeit des kleinen Staates durch den französischen König anerkannt, Frankreich und Spanien wechseln sich im 16. und 17. Jahrhunderts als monegassische Schutzmächte ab. Bis zum Jahr 1918 ist die Unabhängigkeit Monacos eine oftmals nur kurzweilige Angelegenheit: Seit der Französischen Revolution wurde sie bis zu ihrer Garantie durch ein Abkommen mit Frankreich noch zwei weitere Male (1815 und 1861) wiederhergestellt und verloren.

Während dieser wechselvollen Geschichte blieb das Fürstentum Monaco aber immer mit dem Namen Grimaldi verbunden: Nach dem Tod des letzten Grimaldi in männlicher Linie 1731 übernahm der eingeheiratete Jacques de Goyon nicht nur den Fürstenthron, sondern zugleich den Familiennamen, der bis heute erhalten blieb.

Glamour für die Welt: Zwischen Spieltisch und Formel 1

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Das deutsche Auswärtige Amt nennt das Kulturangebot Monacos, unter Verweis auf die verschiedenen Stiftungen zur Förderung unterschiedlicher Kunstgattungen, „hochklassig“. Großer Bekanntheit erfreut sich darüber hinaus beispielsweise auch das alljährliche Internationale Circus-Festival von Monte-Carlo, nicht zu vergessen der seit 1955 auf dem engen Stadtkurs ausgetragene Große Preis von Monaco der Formel 1.

Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts steht Monaco aber auch für gepflegte Glücksspielkultur: Aus der finanziellen Not des Staates heraus wurden seit den 1850er Jahren die ersten dahingehenden Lizenzen ausgegeben, der erste Neubau der Spielbank Monte-Carlo begann 1858. Seither hat das monegassische Casino eine Vielzahl von Leitern, Investoren und Blütephasen erlebt. Aber gerade der Glanz vergangener Tage macht noch heute den Reiz der Spielbank aus und sichert ihr so einen Platz unter den beliebtesten Orten für internationale Glücksjäger.

3. Das Fürstentum Liechtenstein

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Schloss Vaduz, Sitz des Fürstenhauses Liechtenstein

Das zwischen der Schweiz und Österreich gelegene Fürstentum Liechtenstein ist ebenfalls eine konstitutionelle Erbmonarchie, allerdings auf einer demokratisch-parlamentarischen Grundlage. Hauptstadt des knapp 160 Quadratkilometer großen Staates ist Vaduz, die Amtssprache ist Deutsch. Von den etwa 37.000 Einwohnern besitzt wegen der strengen Zuzugsbedingungen nur rund ein Drittel wirklich die liechtensteinische Staatsbürgerschaft.

Außenpolitisch und wirtschaftlich ist das Fürstentum eng mit der benachbarten Schweiz verbunden, ist aber – wiederum im Gegensatz zu seinem Nachbarn – dem europäischen Wirtschaftsraum beigetreten. Als Währung dient aber immer noch der Schweizer Franken.

Von kaiserlichen Gnaden: Der Aufstieg zum Fürstentum

Das Liechtensteinische Fürstenhaus reicht zurück bis in das 12. Jahrhundert, die Stammburg befand sich zu dieser Zeit südlich von Wien, dazu kam Grundbesitz in Niederösterreich und Südmähren. Nach dem Verlust weiter Teile dieser Besitzungen an verschiedene sich abspaltende Familienlinien wandten sich die Brüder Karl, Maximilian und Gundaker dem Kaiserreich zu.

Karl erhielt 1606 den großen Pfalzgrafenbrief und die erbliche Fürstenwürde, seine Brüder wurden einige Jahre später in den Reichsfürstenstand erhoben. Den Wunsch nach einem reichsunmittelbaren Territorium konnten sich die Liechtensteiner allerdings erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts erfüllen: Die Hohenems waren aufgrund ihrer prekären finanziellen Lage zur Veräußerung der Grafschaft Vaduz und der Herrschaft Schellenberg gezwungen.

Hans Adam von Liechtenstein erwarb beide und 1719 wurden sie schließlich per kaiserlichem Diplom zum Reichsfürstentum erhoben. Seine Unabhängigkeit erhielt das Liechtensteinische Fürstentum 1806, nach dem Ende des Heiligen Römischen Reiches.

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Mehr als eine Steueroase: Kulturelle Eigenheiten der Liechtensteiner

Liechtensteins Ruf ist noch immer vom Klischee der europäischen Steueroase geprägt. Dabei ist das Fürstentum auch sehr um seinen kulturellen Status bemüht. Die liechtensteinische Kulturpolitik bewegt sich zwischen der Pflege vergangener Kulturgüter und der Förderung von Projekten für die Zukunft, wie der Kunstschule.

Zu den kulturellen Eigenheiten des Landes, die sich unter anderem im Liechtensteinischen Dialekt niederschlagen, gehören ebenfalls die zum Teil noch auf die alemannische Zeit zurückgehenden Bräuche. Da das Fürstentum schon aufgrund seiner geringen Größe kein in sich abgeschlossener Kulturraum ist, kommt der Brauchtumspflege im Austausch mit den umliegenden Regionen eine besondere sinnstiftende Bedeutung zu. Auf der anderen Seite ergibt sich so auch ein vielfältiges kulturelles Leben zwischen Schweiz, Österreich und Deutschland.

4. Das Fürstentum Andorra

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Andorra, katalanischsprachige Doppelmonarchie inmitten der Pyrenäen

Der Pyrenäenstaat Andorra ist eine parlamentarische Monarchie, die trotz ihrer vergleichsweise geringen Größe – 468 Quadratkilometer – zwei Staatsoberhäupter hat, von denen eines der französische Staatspräsident ist. Die Amtssprache ist Katalanisch, durch die Zugezogenen ist unter den rund 76.000 Einwohnern auch Spanisch sehr verbreitet. Portugiesisch und Französisch zählen jedoch eher zu den sprachlichen Minderheiten.

Ähnlich wie Monaco und Liechtenstein zählt auch Andorra zu den europäischen ‚Steueroasen‘, niedrige Zölle und die niedrige Mehrwertsteuer machen das Fürstentum für Shopping-Touristen interessant, vor allem in der Hauptstadt Andorra la Vella.

Pyrenäenstaat mit Doppelspitze: Zur Entstehung Andorras

Der Legende nach wurde Andorra im Jahr 788 von Karl dem Großen gegründet, als Dank für die Unterstützung im Kampf gegen die Mauren. Eine erste urkundliche Erwähnung finden die Gemeinden aber erst 839 als Lehen des Grafen von Urgell. Der trat rund 300 Jahre später seine Herrschaftsrechte an den Bischof von Urgell ab, die wiederum die Verteidigung und Rechtsprechung Andorras in die Hände der Adelsfamilie Caboet legten.

Die Teilung der Herrschaft geht auf die Verweigerung des Vasallenverhältnisses der Grafen von Foix zurück. Der 1278 zwischen den streitenden Parteien geschlossene Vertrag bedeutete zugleich die nach wie vor bestehende Gründung des Kofürstentums Andorra. Die Rechte der Grafen von Foix gingen am Ende des 16. Jahrhunderts an die französische Krone über.

Bis zur verfassungsmäßigen Etablierung als souveräner Staat mit einem parlamentarischen System und einer klaren Trennung von Legislative, Exekutive und Judikative dauerte es bis zum 14. März 1993. Seither ist die Funktion der beiden Staatsoberhäupter nur noch repräsentativer Natur.

Zwischen Naturerlebnis und Edel-Shopping

Zu einem sehr großen Teil lebt die Wirtschaft Andorras vom Tourismus und dem daran beteiligten Handel. Das liegt zum einen natürlich an den landschaftlichen Reizen der umliegenden Pyrenäen mit ihren Gipfeln und Seen, die viele Besucher zum Wandern einladen. Im Winter wiederum locken die Berge die Wintersportler an, denn Andorra verfügt über das größte Skigebiet der Pyrenäen.

Die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus beruht hauptsächlich auf den steuerlichen Vorteilen für diejenigen, die den Kleinstaat zum Shoppen besuchen: Eine Mehrwertsteuer wird erst seit 2006 erhoben, die im Normalfall bei 4,5 Prozent liegt, der ermäßigte Satz beträgt einen Prozent. Der Einkauf von Luxusartikeln wie Schmuck, Lederwaren, Kleidung, Kosmetika etc. ist dementsprechend günstig. Insbesondere in Andorra la Vella hat das Auswirkungen auf das Stadtbild, zum Missfallen vieler Touristen – wie dieser Reisebericht deutlich macht.

5. Das Kleinste und den Kleinen: Das Fürstentum von Dellavalle

Das jüngste und kleinste Mitglied in der Reihe der Zwergstaaten Europas ist in erster Linie eine Protestaktion: Denn das „Fürstentum von Dellavalle“ entstand durch den Widerstand eines italienischen Rentners gegen behördliche Inkompetenz, wie auch hier nachzulesen ist.

Die Geschichte dahinter ist ebenso komisch wie tragisch: Pier Giuseppe Dellavalle überließ der nationalen Straßenbaubehörde sein Haus zum Abriss, um eine Umgehungsstraße zu ermöglichen. Die ausgehandelte Entschädigungssumme erhielt er aber nur zur Hälfte, dazu wurde die notwendige Enteignung vergessen, so dass Dellavalle für das nicht mehr bestehende Haus Steuern zahlen soll.

Beschwerden bei den zuständigen Behörden blieben ungehört, daher nahm der 70-jährige kurzerhand einen Kreisverkehr auf der Fläche seines früheren Hauses wieder in Besitz – mit inzwischen auch richterlicher Anerkennung des Besitzrechts.

Die Republik San Marino

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Rundumblick vom Monte Titano auf das Umland San Marinos

Die italienische Enklave San Marino ist mit knapp 62 Quadratkilometern nicht die kleinste, wohl aber die älteste bestehende Republik der Welt. Amts- und Landessprache ist Italienisch, nur noch unter den Älteren findet die Unterhaltung bisweilen noch im Dialekt Romagnol statt. Insgesamt leben knapp 33.000 Einwohner in den neun Gemeinden San Marinos, weitere rund 13.000 Menschen mit san-marinesischer Staatsangehörigkeit leben im Ausland, vorwiegend und naheliegend in Italien.

Die Geschichte der ältesten Republik der Welt

Die Gründungssagen San Marinos sind zeitlich zu Beginn des 4. Jahrhunderts angesiedelt, das genaue Gründungsdatum – heute noch als Nationalfeiertag begangen – ist der 3. September 301. Ab diesem Zeitpunkt bildete sich auf dem Berg Titano eine erste christliche Gemeinschaft um den geflohenen dalmatischen Steinhauer Marinus.

Ein erster handfester Hinweis auf diese Gemeinde lässt sich allerdings erst beim antiken Kirchenschriftsteller Eugippius finden, rund 200 Jahre nach der überlieferten Gründung. Im 10. Jahrhundert wiederum bestätigen verschiedene Dokumente den Bau von Befestigungslagen auf dem Berg. Im 13. Jahrhundert wurde die Stadtrepublik nicht nur mit sukzessiv erweiterten Gesetzesbüchern versehen, sondern durch Zukauf von Ländereien in ihrer Ausdehnung ausgeweitet. In dieser Zeit wurde auch das bis heute gültige Konsularprinzip etabliert – San Marino hat seither niemals nur ein Staatsoberhaupt gehabt.

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Wehrhaft auf dem Berg: Von Befestigungsanlagen und Armbrustschützen

Zu den bekanntesten und am häufigsten besuchten Sehenswürdigkeiten der italienischen Zwergrepublik zählt die namengebende Hauptstadt selbst. Sie ist, zusammen mit dem Monte Titano, seit dem Jahr 2008 Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. Das verdankt sie vor allem der gut erhaltenen Altstadt. Gleichermaßen sehenswert ist aber auch der weite Ausblick über das Umland bis zur Adria, den die Festungsanlagen bieten. Am prägnantesten sind dabei die Tre Monti di San Marino, jene Turmgruppe auf den drei Gipfelspitzen des Titano.

Die historischen Gassen und Straßen beherbergen überdies zahlreiche Kirchen, Plätze und Museen. Zum Nationalfeiertag können sich Besucher vom Können der san-marinesischen „balestieri“, der Armbrustschützen, überzeugen. Deren Anfänge gehen ebenfalls bis in das 13. Jahrhundert zurück und demonstrieren bis heute eine der großen Stärken der Republik: Ihre Wehrhaftigkeit bei der Verteidigung ihrer Freiheit.

Die Republik Malta

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Prägend für das Bild von Malta und geprägt von dessen Geschichte: die Hauptstadt Valletta

Die Republik Malta erstreckt sich auf insgesamt 316 Quadratkilometer über mehrere Inseln, von denen nur die namengebende Hauptinsel mit der Hauptstadt Valletta, sowie Gozo und Comino bewohnt sind. Vier weitere Kleinstinseln sind unbewohnt. Im Vergleich mit den übrigen Zwergstaaten Europas liegt die Einwohnerzahl mit rund 430.000 Menschen am höchsten, dazu kommen etwa gleich viele im Ausland lebende Malteser.

Bedingt durch die lange Zugehörigkeit zum britischen Imperium ist Englisch eine der beiden Amtssprachen des Inselstaates – die zweite ist die ureigene Sprache der Malteser, die semitischen Ursprungs ist mit Anleihen aus nordafrikanischen Varianten des Arabischen. Die geographische Nähe bringt es mit sich, dass auch Italienisch auf der Insel verbreitet ist.

Von fremden Herrschern bis zur Unabhängigkeit

Von den Anfängen bis zur Unabhängigkeit im Jahr 1964 galt das Interesse nahezu jeder bedeutenden europäischen Kultur der Mittelmeerinsel. Besiedelt wurde Malta bereits in der Steinzeit, im 9. Jahrhundert vor Christus errichteten die Phönizier hier einen ersten Handelsposten, gefolgt von den Karthagern. Diese wurden im Zuge der Punischen Kriege von den Römern vertrieben, nach dem Zerfall des Weströmischen Reiches wechselte die Herrschaft zwischen Vandalen, Ostgoten und Byzantinern.

Im Verlauf des Mittelalters fiel Malta in die Hände von Arabern, Normannen, den Staufern, Franzosen und Spaniern. Seit dem 16. Jahrhundert etablierte sich der Johanniter-Orden als Schutzmacht der Insel gegen Übergriffe aus dem Osmanischen Reich, woraus der Malteserorden als staatliche Macht hervorging. Die Ordensherrschaft endete mit der Eroberung Maltas durch Napoleon.

Die französische Besatzung schlugen die Malteser mit britischer Hilfe nieder. Eine geplante Rückgabe an den Johanniterorden scheiterte aber an vertraglichen Fragen, so dass die Insel im britischen Reich verblieb. Dieser Zustand wurde erst am 21. September 1964 beendet, Malta wurde mit diesem Datum zum unabhängigen Mitglied des Commonwealth. Die Deklaration zur Republik erfolgte weitere zehn Jahre später.

Kulturelle Vielfalt im Inselformat: Denkmäler von der Steinzeit bis heute

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Auf Maltabesucher warten unter anderem drei Denkmäler des UNESCO-Weltkulturerbes, von denen zwei noch aus der Steinzeit stammen. Die Gigantija-Tempelanlange, deren Alter auf rund 5.800 Jahre taxiert wird, liegt auf der Insel Gozo. Den Namen erhielten die beiden nebeneinander liegenden Tempel wegen der zum Teil 50 Tonnen schweren Korallenkalksteinquader, mit denen die Außenmauern errichtet wurden. Das Hypogäum von Hal Saflieni in der Stadt Paola ist hingegen eine unterirdische Anlage, die nicht nur als Heiligtum, sondern auch als Begräbnisstätte fungierte.

Wie die beiden Steinzeitheiligtümer wurde auch die Stadt Valetta im Jahr 1980 zum Weltkulturerbe erklärt. Trotz der verhältnismäßig kleinen Fläche – innerhalb der EU ist es die kleinste Hauptstadt – kam der Stadt seit ihrer Gründung eine große Rolle bei der Sicherung der Insel zu. Entsprechend ist das Stadtbild in vielen Teilen von Befestigungsanlagen geprägt, die sich besonders gut von den Upper Barakka Gardens betrachten lassen.

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Einer der landschaftlichen Höhepunkte Maltas: Das Blaue Fenster auf der Insel Gozo 

Doch Valletta hat auch jenseits der Festungsmauern eine Vielzahl von Sehenswürdigkeiten zu bieten, nicht zuletzt die St. John’s Co-Cathedral, Hauptkirche des Malteserordens und Zweitsitz des Erzbischofs von Malta. Wie die Kirche verweist auch der Großmeisterpalast auf die Blütezeit des Ordensstaates. Wer sich an der maltesischen Architektur sattgesehen hat, kann entlang der Küsten und im Hinterland stattdessen die landschaftlichen Vorzüge genießen – besonders bekannt ist in dieser Hinsicht die Blaue Grotte an der Südwestküste, die aber nur mit dem Boot erreicht werden kann.

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